Wie nützlich sind Rücken-OPs?

Volkskrankheit Nummer eins ist das Kreuz mit dem Kreuz. - ergo: Rückenleiden. Deutschlands Krankenkassen informieren darüber, dass etwa jeder zehnten Krankschreibung ein Rückenleiden zugrunde liegt. Zusammengefasst ergeben sich daraus zwischen 40 und 50 Millionen Fehltage pro Jahr, nur wegen Rückenleiden.

Rückenprobleme Wie nützlich sind Rücken-OPs? (© arizanko - Fotolia.com)

Rückenschmerzen sind für den Betroffenen nicht nur eine echte Qual, sie nehmen auch die Normalität des Alltags und oftmals kann der Patient nicht einmal mehr das Bett verlassen.

Meist regen Ärzte bei den Patienten eine Rücken-OP an, um den »Normalzustand« vermeintlich wiederherzustellen. Nur allzu gern greifen Betroffene diesen Rat auf und legen sich schnell entschlossen unter das Messer eines Chirurgen. Oftmals leider ohne den gewünschten Erfolg.

Eine weitreichende ärztliche Fehleinschätzung

Rücken-OPs sind in 80 bis 90 Prozent eine Fehlentscheidung, darauf weisen Experten der Techniker Krankenkassen hin. TK-Chef Jens Baas zeigt Verständnis, wenn der Arzt dem Patienten eine OP vorschlägt und dieser einverstanden ist. Viele Rücken-Operationen sind jedoch deswegen so „verrufen“, weil sie die Beschwerden nicht verbessern. Der Patient wird also umsonst den Strapazen einer Vollnarkose und der Gesamtbehandlung unterzogen.

Welche Therapien helfen?

Schmerz- und Physiotherapien sind oft probate Mittel, um die Beschwerden in der Rückenpartie wieder ins Lot zu bringen. Schmerztherapeut Thomas Nolte weist daraufhin, dass viele Beschwerden durch die Muskulatur ausgelöst werden – doch Muskeln sind auf dem Röntgenbild nicht erkennbar. Daraus resultiert natürlich die Frage nach dem Sinn einer Diagnose mittels eines bildgebenden Verfahrens. Zeigen die Röntgenbilder auffällige Veränderungen an den Bandscheiben, raten viele Ärzte zur OP, obwohl die Bandscheibe gar nicht die Ursache ist, sondern lediglich ein einzelnes Symptom.

Die Frage nach der Ursache

Woran liegt es also, dass so viele sinnlose Operationen am Rücken durchgeführt werden? Immerhin verdoppelte sich die Zahl der Eingriffe am Rücken in den Jahren 2005 bis 2011. Im Jahr 2011 gab es mehr als 730.000 Rücken-Operationen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – doch die Kosten könnten eine Rolle spielen. Die Krankenkasse zahlt pro Quartal und Kassen- Patient eine Pauschale von 40 Euro für eine Beratung. Sieht der Arzt die Notwendigkeit einer Krankengymnastik oder einer Physiotherapie, springt dabei nicht sehr viel für ihn heraus. Die Rechnung für eine Wirbelsäulen-Operation hingegen erzeugt eine Summe zwischen 5.000 und 15.000 Euro.

Die Zweitmeinung – ein wichtiger Aspekt

Geht es um Rückenbeschwerden mit dem Therapievorschlag „Operation“, sollten sich die Patienten nicht auf die Aussagen von nur einem Arzt verlassen. Eine zweite Arztmeinung ist nicht verkehrt und das gute Recht der Patienten, so Gesundheitsexperten.

TK-Chef Jens Baas ist sich zudem sicher, dass so mancher Auslöser von Rückenbeschwerden keinesfalls operativ behandelt werden kann: Stress und psychische Belastungssituationen. Lange wurde gerätselt, warum Arbeitslose so häufig mit Rückenbeschwerden konfrontiert werden, oft mehr als anstrengende Handwerks- oder Pflegeberufe. Doch seit der Faktor „Stress“ als Auslöser akzeptiert wird, erklärt sich dieser Umstand von selbst.

Für den Schmerz-Experten Nolte ist eine Schmerztherapie mit einem Physiotherapeuten und einem Psychologen am Effektivsten. Das zeigen auch Ergebnisse der Patienten, die auf diesem Weg therapiert werden. Rund vier Fünftel dieser Patientengruppe waren nach rund vier Wochen so beschwerdefrei, dass sie wieder ihrer Arbeit nachgehen konnten.

Somit sollte sich der Arzt zuerst darüber informieren, was den Patienten genau belaste, wenn dieser über Rückenbeschwerden klagt. Das Umfeld und die Lebenssituation gehören durch den Arzt unter die Lupe genommen.

n/a