Alzheimer und Schlaganfall – Die Suche nach Präventionsmaßnahmen

Alzheimer und ketogene Diät Alzheimer und Schlaganfall - Die Suche nach Präventionsmaßnahmen (© Alexander Raths - Fotolia.com)

In der Medizin gibt es einige Schreckgespenster, vor denen sich viele Menschen fürchten. Alzheimer und Schlaganfall stehen dabei ganz weit oben. Beide Erkrankungen können dazu führen, dass man plötzlich zu einem Pflegefall wird, denn die Schäden im Gehirn sind oft irreversibel. Die Wissenschaft forscht deshalb unter Hochdruck nach Möglichkeiten, wie sich diese Erkrankungen im Vorfeld verhindern lassen. Dazu werden zahlreiche Stoffe geprüft, die eine präventive Wirkung haben könnten.

Die ketogene Diät

Die Nahrungsaufnahme dient nicht nur dem Erhalt der organischen Funktionen, Essen ist Genuss, macht ein gutes Gefühl – und sorgt oft für Übergewicht. Doch Lebensmittel können noch mehr, denn die Zusammensetzung der Nahrung wirkt sich unmittelbar auf das Gehirn aus. Schaut man sich die sogenannte „ketogene Diät“ an, sind die Erfolge besonders hinsichtlich von Epileptikern beeindruckend. Diese besondere Ernährungsform zeigt seit etlichen Jahrzehnten bei etwa 50% der Erkrankten positive Auswirkungen.

Die Diät steht für eine fett- und proteinreiche Ernährung, bei der größtenteils auf Kohlenhydrate verzichtet wird. Sie soll vor Entzündungen im Gehirn schützen und somit einen wirksamen Einfluss auf Erkrankungen wie Alzheimer und Schlaganfall haben. In welcher Form diese Diät wirken soll, können die Forscher des Teams von Prof. Dr. Marcus Schwaninger, Direktor des Instituts für Experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie schlüssig erklären.

Die sogenannten „Ketonkörper“ sind in der Definition die chemische Verbindungen Acetacetat, beta-Hydroxybutyrat und Aceton. Sie sind ein Nebenprodukt der Fettverbrennung in den Mitochondrien der Leberzellen (Hepatozyten) und ihre Entstehung geht auf einen niedrigen Glucosespiegel zurück. Diese Ketonkörper koppeln an einen bestimmten Rezeptor (HCA2) an der Entzündungszelle an und wandeln den entzündlichen Prozess um. Somit wirkt die Entzündungszelle mehr schützend als schädigend. Dieser Vorgang konnte von der Forscher-Arbeitsgruppe in Tests mit Mäusen und Zellkulturen beobachtet werden. Eine klinische Untersuchung am Menschen fand noch nicht statt. Doch es ist bekannt, dass sich die Ketonkörper dann bilden, wenn der Mensch Hunger verspürt.

Genau dieser Effekt wird durch die ketogene Diät ausgelöst, da sie zu 80% aus Fett besteht. Um es etwas zu veranschaulichen: Der Körper signalisiert ein Hungergefühl und baut als Folge Fettsäuren zu Ketonkörpern um, damit das Gehirn mit genügend Energie versorgt wird. Als „Lager“ dienen die Fettdepots des Körpers – oder ein fettiges Essen. Allerdings lässt sich dieser positive Effekt nur dann nachweisen, wenn die ketogene Diät langfristig und konsequent eingehalten wird.
Prof. Dr. Marcus Schwaninger weist darauf hin, dass es nicht ausreicht, zweimal im Jahr zu fasten. Damit kann der Wirkmechanismus der Ketonkörper nicht hergestellt werden.

Doch kein Ausweg?

Da für die meisten Menschen Essen mit Genuss verbunden ist, liegt hier der Knackpunkt. Die ketogene Diät schmeckt nicht sonderlich gut und es macht den wenigsten Menschen Spaß, nach ihren Regeln zu essen. Somit ist die ketogene Diät kein Weg, um viele Menschen vor Alzheimer zu schützen.

Das ist eine Tatsache und den Forschern durchaus bewusst. Kaum jemand hält eine „nicht-schmeckende-Diät“ lange durch. Aus diesem Grund suchen die Wissenschaftler nach weiteren Wirkstoffen. Nikotinsäure ist ein Wirkstoff, den die Forscher sehr genau unter die Lupe nehmen. Denn sie dockt ebenso wie Ketonkörper am HCA2-Rezeptor der Entzündungszelle an und kann dadurch das Absterben von Hirngewebe verhindern. Nikotinsäure ist als Mittel zur Cholesterinsenkung bekannt und wirksam. Als Prävention gegen einen entzündlichen Prozess im Gehirn könnte der Wirkstoff in Zukunft neu entdeckt werden. Ein Blick in die Vergangenheit – genauer gesagt in die 1950er Jahre – zeigt, dass damals Nikotinsäure bei einem akuten Schlaganfall eingesetzt wurde. Man ging davon aus, dass der Wirkstoff zu einer Gefäßerweiterung im Gehirn führt. Weitere Forschungen zeigten dann, dass sich diese Erweiterung der Gefäße auf die Haut beschränkt. Doch Prof. Dr. Schwaninger ist sich sicher, dass Nikotinsäure einen Effekt bei einem Schlaganfallpatienten hat und zudem andere neurologischen Erkrankungen möglicherweise positiv beeinflussen kann.

Es wird weiter geforscht

Nikotinsäure kommt in vielen Lebensmitteln vor, beispielsweise in Wild, Geflügel, Pilzen und Eiern. Die benötigte Menge des täglichen Bedarfs für Frauen liegt bei 13 bis 15 Milligramm und bei Männern bei 15 bis 20 Milligramm. Doch wer die gewünschten positiven Effekte im Gehirn erzielen wolle, müsse Nikotinsäure in Mengen zu sich nehmen, die sich im Gramm-Bereich abspielen, so der Professor. Genau hier kommen die Nebenwirkungen ins Spiel, denn einige Patienten bekommen kurz nach der Einnahme einen roten Kopf, erklärt der Experte weiter. Er und sein Team suchen weiter nach geeigneten Wirkstoffen und Therapieformen gegen Alzheimer und Schlaganfall, damit vielleicht eines Tages niemand mehr wegen dieser Erkrankungen zum Pflegefall werden muss.

Quelle: N-TV

n/a