Lange Wartefristen für Kassenpatienten beim Facharzt

Die Kombination "Kassenpatient" und "Termin beim Facharzt" ist ein Thema, das immer wieder aufs Neue den Weg in den Medien findet und für reichlichen Wirbel sorgt. Zurecht?

Krankenversicherung - Kasse oder Privat Lange Wartefristen für Kassenpatienten beim Facharzt (© Gina Sanders - Fotolia.com)

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) hat einen Test durchgeführt und versuchte, bei 120 Fachärzten – verteilt über das ganze Bundesgebiet – einen Termin zu bekommen. Das Ergebnis zeigt eindrucksvoll auf, dass das Thema tatsächlich zurecht immer wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgt. Von den 120 Fachärzten vergaben 30 einen Termin mit einer Wartefrist von über 4 Wochen. 20 der Fachärzte nahmen keine neuen Patienten mehr auf – es gab also überhaupt keinen Termin.

Somit kamen nur 58 Prozent der Fachärzte der Empfehlung des Gesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) nach, dass Kassenpatienten nicht länger als vier Wochen auf einen Termin beim Facharzt warten sollten.

Die Frage der Fragen – gesetzlich oder privat versichert?

Gaben sich die Journalisten der F.A.S. als Kassenpatient zu erkennen, war ein Termin entweder überhaupt nicht möglich – oder erst nach vier Wochen. Die Auskunft, man sei Privatpatient, beschleunigte die Terminvergabe erheblich. Denn nur in einem Viertel aller Fälle gab es die gleiche Antwort wie bei den Kassenpatienten. Im Schnitt warten Kassenpatienten rund fünf Wochen auf einen Termin beim Facharzt und Privatpatienten etwa zweieinhalb Wochen.

Oft wird bereits bei der Terminanfrage seitens des Kassenpatienten die Frage gestellt, um welche Erkrankung es sich handelt. Somit entscheiden die Mitarbeiter des Arztes, ob es sich um einen Notfall handelt oder nicht. Ist es in den Augen der medizinischen Fachangestellten kein Notfall, kann sich der Termin über Wochen oder gar Monate hinziehen. Das kann ein echtes Problem werden, man denke nur an etwaige Hautveränderungen, die eigentlich einer sofortigen Abklärung bedürfen – um nur ein einziges Beispiel zu nennen.

Die Politik und die Frage nach einem Termin

Gesundheitsminister Gröhe möchte dem gerne einen Riegel vorschieben und den Ärzten vorschreiben, dass sie jedem Patienten einen Termin innerhalb von vier Wochen zusichern müssen. Allerdings ist die Kassenärztliche Vereinigung der Ansicht, 80 Prozent aller Patienten bekämen einen Termin beim Facharzt. Bemerkenswert ist nicht diese Aussage, sondern der Zeitrahmen: Die Kassenärztliche Vereinigung behauptet allen Ernstes, dass Kassenpatienten im Schnitt lediglich drei Wochen auf einen Termin warten müssten.

Das Testergebnis der F.A.S. konnte den Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, nicht beeindrucken. Er blieb auf seinem Standpunkt. Er meinte, dass objektive Studien zeigen würden, dass es kein bundesweites Problem mit zu langen Wartezeiten gäbe, auch wenn die Arztpraxen voll wären. Dass lediglich die Hälfte der Testanrufer kurzfristig einen Termin bekommen hätten, spielt für ihn keine Rolle.

17 Mal im Jahr sucht der Bundesbürger durchschnittlich einen Arzt auf. Andreas Gassen weist daraufhin, dass Deutschland damit im weltweiten Vergleich an der Spitze liegt. Der gleichen Ansicht scheint der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery zu sein, denn auch er weist die politischen Bemühungen, die Situation für die Kassenpatienten zu verbessern, zurück. Er erklärt, dass es bei gedeckeltem Budget kaum ein uneingeschränktes Leistungsversprechen geben könne.

Bundesgesundheitsminister Gröhe ist nach dem Test der F.A.S. erst recht der Meinung, dass etwas getan werden muss. Er weiß, dass überlange Wartezeiten kein Einzelfall, sondern eher die Regel sind. Deswegen will er den Gesetzentwurf mit der Vierwochenfrist nach der Sommerpause vorlegen. Der Gesetzentwurf beinhaltet die Idee, dass Termin-Servicestellen den Patienten helfen sollen, den richtigen Facharzt zu finden.

Mecklenburg-Vorpommern als Vorbild

Die Kassenärztliche Vereinigung und die AOK Nordost führten im Jahre 2011 ein Überweisungsmodell ein. Bei diesem Modell geht der Patient zu seinem Hausarzt, der nach einer Untersuchung seinen Facharzt-Kollegen in die Untersuchungsergebnisse mit einbezieht. Der Hausarzt hat die Wahl einer A- oder B- Überweisung. Somit erhalten Patienten in dringenden Fällen innerhalb eines Werktages einen fachärztlichen Termin. Würde dieses Modell Schule machen, müsste sich vielleicht die Politik nicht einmischen.

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